Entgegen des Wortlautes bedeutet gemeinsame elterliche Sorge nicht, das ein Kind tatsächlich von beiden Eltern betreut werden muss. Die elterliche Sorge regelt vielmehr die Frage, welcher Elternteil nach dem Gesetz befugt ist, Entscheidungen für ein Kind zu treffen, dass selbst noch nicht entscheiden kann. Der Begriff der elterlichen Sorge trifft keine Aussage dazu, ob ein Elternteil ein Umgangs-/Besuchsrecht zu seinem Kind hat. Ungeachtet der Inhaberschaft der elterlichen Sorge sind Eltern zum Umgang mit ihrem Kind berechtigt und verpflichtet. Auch ein nicht sorgeberechtigter Elternteil hat ein Umgangs-/Besuchsrecht, es sei denn, dieses ist ihm durch eine gerichtliche Entscheidung entzogen worden.
Ein Irrtum ist es anzunehmen, dass bei der gemeinsamen elterlichen Sorge alle Fragen zu Belangen des Kindes gemeinsam zu entscheiden sind. Gemeinsam müssen die Eltern alle Fragen regeln, die für das Kind von wesentlicher Bedeutung sind. Für Entscheidungen des täglichen Lebens hat der Elternteil, bei dem das Kind lebt, ein Alleinentscheidungsrecht. Bei Gefahr im Verzug, z.B. bei Unfällen ist jeder Elternteil allein handlungsfähig, es kann damit der Elternteil alleine entscheiden, der anwesend ist.
Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung sind z.B. Kindergartenbesuch, Einschulung/Schulwechsel, Berufswahl/Ausbildung, planbare Operationen, Impfungen, Aufenthalt des Kindes, Ausweis- und Passerteilung etc.
Angelegenheiten des täglichen Lebens sind z.B. Hausaufgaben, Freizeitgestaltung, normale Arztbesuche, Kleidung, Essen, Schlafenszeiten, Fernsehkonsum etc.
In der Gestaltung des Umgangs sind die Eltern frei und entscheiden hierüber gemeinsam entsprechend des Wohles des Kindes. Es gibt keine gesetzlichen Vorgaben zu Häufigkeit und Ausgestaltung des Umgangs. Insbesondere der oft praktizierte vierzehntägige Umgang am Wochenende entspricht keiner gesetzlichen Vorgabe.
Bei Meinungsverschiedenheiten über Angelegenheiten, die für das Kind von wesentlicher Bedeutung sind, kann das Familiengericht auf Antrag die Entscheidungsbefugnis auf den Elternteil übertragen, der besser geeignet ist, eine Entscheidung zu Gunsten des Kindeswohls zu treffen. Das Gericht kann auch Teile der elterlichen Sorge wie beispielsweise Aufenthalt, schulische und medizinische Belange auf einen Elternteil allein übertragen. Zur vollständigen Übertragung der elterlichen Sorge wird es nur in Ausnahmefällen kommen, wenn beispielsweise ein Elternteil wegen einer Suchtproblematik gar nicht in der Lage ist, Entscheidungen für das Kind zu treffen oder der andere Elternteil sich mit einer solchen Entscheidung einverstanden erklärt.
Können sich die Eltern nicht über das Umgangsrecht einigen, besteht die Möglichkeit, den Umgang über das Gericht regeln zu lassen.
Bevor eine gerichtliche Entscheidung in Sorge- oder Umgangsbelangen angestrebt wird, sollte immer versucht werden, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Erste Ansprechpartner sollten hier Erziehungsberatungsstellen sein, die gerne beraten und viele kreative Ideen haben. Ein Gerichtsverfahren empfinden viele Eltern, aufgrund seiner Dauer und den in Anwaltsschriftsätzen vorgetragenen wechselseitigen Vorwürfen, am Ende als belastend. Sollte das Gericht für seine Entscheidung ein kinderpsychologisches Sachverständigengutachten einholen müssen, können hohe Verfahrenskosten entstehen. Bei Gericht gibt es eine Entscheidung, diese muss von den Eltern am Ende akzeptiert werden, auch wenn sie nicht den Erwartungen entspricht.