In unserer Beratungspraxis stellen wir immer wieder fest, dass es ein weitverbreiteter Irrtum ist zu glauben, dass Erbe nur ist, wer einen Erbschein beantragt hat. Diese falsche Annahme kann zu rechtlichen Nachteilen und unerwünschten Kosten führen.
Annahme der Erbschaft
Nach deutschem Recht geht mit dem Tod eines Menschen, dessen Eigentum und Vermögen automatisch auf den oder die Erben über. Hierzu heißt es in § 1943 BGB: „der Erbe kann die Erbschaft nicht mehr annehmen, wenn es sie ausgeschlagen hat“. Der Erbe, der die Erbschaft annehmen will, muss deshalb nichts unternehmen, er wird automatisch Erbe.
Ausschlagung der Erbschaft
Wer nicht Erbe werden will, muss dagegen zwingend handeln. Er muss die Erbschaft ausschlagen. Die Erbausschlagung muss nach § 1944 BGB binnen sechs Wochen nach Kenntnis vom Todesfall und der Erbenstellung erfolgen. Die Erklärung kann nur zur Niederschrift des Nachlassgerichts oder in öffentlich beglaubigter Form erklärt werden. Wer ausschlagen will, muss innerhalb der sechs Wochenfrist zwingend persönlich auf dem Nachlassgericht vorsprechen oder einen Notar aufsuchen. Soll die Ausschlagung beispielsweise auch für einen dementen Ehegatten erfolgen, ist hierzu zwingend eine öffentlich beglaubigte Vollmacht erforderlich. Mit einer privatschriftlich ausgestellten Vollmacht ist eine Erbausschlagung nicht möglich, hier hilft nur eine notariell beurkundete Vorsorgeurkunde.
Wer das Erbe ausschlagen will, darf die Erbschaft zuvor nicht angenommen haben. Es ist insofern zwingend zu unterlassen, direkt nach dem Todesfall damit zu beginnen, Geschäfte für und gegen den Nachlass zu führen. Wer Verträge kündigt und Nachlassgegenstände veräußert, zeigt damit, dass er die Erbschaft annimmt und kann entsprechend nicht mehr ausschlagen, wenn er feststellt, dass der Nachlass verschuldet ist. Es empfiehlt sich erst zu prüfen, ob der Nachlass verschuldet ist, bevor durch überstürztes Handeln eine Annahme der Erbschaft erfolgt.
Erbschein
Der Erbschein stellt nicht die tatsächliche Erbenstellung fest. Es wird allerdings vermutet, dass derjenige der im Erbvschein als Erbe ausgewiesen ist, auch tatsächlich der Erbe ist. Mit dem Erbschein lässt sich daher im Rechtsverkehr die Erbenstellung nachweisen. Auch mit einem eröffneten notariellen Testament lässt sich die Erbenstallung nachweisen.
Zusammenfassung:
- wer die Erbschaft nicht ausschlägt ist Erbe
- die Ausschlagung ist binnen sechs Wochen zu erklären
- die Ausschlagung muss durch einen Notar beglaubigt werden
- die Ausschlagung für einen anderen ist mit notarieller Vorsorgevollmacht möglich
- der Erbschein ist lediglich ein Zeugnis über die Erbenstellung